Kurzarbeitergeld – erleichteter Zugang verlängert und ausgeweitet

Neustarthilfe

Durch die „Vierte Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“, die am 15. September im Kabinett beschlossen wurde, wird der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 auf alle Betriebe unabhängig vom Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit ausgeweitet. Bislang war er auf Betriebe begrenzt, die die Kurzarbeit bis zum 30. September 2021 eingeführt haben. Zudem wird die volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Kurzarbeitergeld: Erleichterter Zugang soll Arbeitsplatzabbau verhindern

Für Unternehmen und Beschäftigte ist die Entwicklung der Coronapandemie nach wie vor mit vielen Unsicherheiten behaftet. Eine Erleichterung des Bezugs von Kurzarbeitergeld soll Vorsorge dagegen treffen, dass es durch die weltweite Ausbreitung des Coronavirus zu Arbeitsausfällen und damit verbunden zum Arbeitsplatzabbau kommt.

Bereits Ende vergangenen Jahres sind das Gesetz zur Beschäftigungssicherung infolge der Covid-19-Pandemie (Beschäftigungssicherungsgesetz) zusammen mit der „Ersten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“ sowie der „Zweiten Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld“ in Kraft getreten.

Mit der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“ wurden die Zugangserleichterungen dann um drei Monate bis Ende Juni 2021 erweitert.

Mit der „Dritten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“ wurden die Zugangserleichterungen um drei weitere Monate bis zum 30. September 2021 verlängert.

Mit der „Vierten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“ werden nun die Zugangserleichterung auf alle Betriebe unabhängig vom Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit ausgeweitet und die volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Wann kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld muss grundsätzlich auf einem unabwendbaren Ereignis oder auf wirtschaftlichen Gründen beruhen (§ 96 SGB III). Dies trifft etwa dann zu, wenn Lieferungen ausbleiben und die Produktion eingeschränkt werden muss. Ein unabwendbares Ereignis liegt auch dann vor, wenn etwa durch staatliche Schutzmaßnahmen Betriebe geschlossen werden. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes vorliegen, entscheidet die zuständige Agentur für Arbeit.

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld

Unternehmen, die aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Coronavirus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Coronavirus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird. Grundsätzlich ist das Ziel von Kurzarbeit, dass Beschäftigte vorübergehend weniger Stunden leisten, um nicht gekündigt zu werden.

 In diesem Video von Haufe sind die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld kompakt und übersichtlich zusammengefasst.

Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld

Mit den erleichterten Voraussetzungen soll die Gewähr dafür geschaffen werden, dass durch die Corona-Krise möglichst kein Unternehmen in Deutschland in die Insolvenz gerät und ein Arbeitsplatzverlust vermieden wird. Deshalb wurden in das SGB III befristet geltende Verordnungsermächtigungen eingeführt, mit denen die Bundesregierung die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld absenken und die Leistungen wie folgt erweitern konnte:

  • Absenken des Quorums der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, auf bis zu 10 Prozent. Zum Hintergrund: Zuvor mussten mindestens ein Drittel der Belegschaft von Arbeitszeitreduzierungen betroffen sein, bevor Kurzarbeitergeld gewährt wird (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III).
  • Teilweise oder vollständiger Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden. Zum Hintergrund: Zuvor mussten in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestehen, diese zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden (§  § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
  • Ermöglichung des Kurzarbeitergeldbezugs auch für Leiharbeitnehmer. Zum Hintergrund: Leiharbeitnehmer hatten zuvor keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld (§ 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG).
  • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit. Zum Hintergrund: Vorher hatte der Arbeitgeber während des Bezugs des Kurzarbeitergeldes die Sozialversicherungsbeiträge weiter zu bezahlen.

Kurzarbeit 2021: Verlängerung der erleichterten Bedingungen

Mit der „Vierten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung“ werden die Zugangserleichterungen (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden) bis Ende Dezember 2021 verlängert, um mithilfe von Kurzarbeit Beschäftigungsverhältnisse zu stabilisieren sowie Arbeitslosigkeit und ggf. Insolvenzen zu vermeiden.

Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit wird ebenfalls bis 31. Dezember 2021 verlängert.

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Erstattung der SV-Beiträge durch die Agentur für Arbeit

Den Arbeitgebern werden, unabhängig vom Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit, die Sozialversicherungsbeiträge über September 2021 hinaus bis zum 31. Dezember 2021 weiter voll und auch dann erstattet, wenn mit der Kurzarbeit erst nach dem 30. September 2021 begonnen wird.

Höhe des Kurzarbeitergeldes

Das Kurzarbeitergeld richtet sich nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall im jeweiligen Anspruchsmonat. Es beträgt 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent der sogenannten Nettoentgeltdifferenz. Den höheren Leistungssatz von 67 Prozent erhalten Arbeitnehmer,

  • die mindestens ein Kind (i. S. d. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG) haben sowie
  • deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind in diesem Sinne hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben.

Für die übrigen Berechtigten gilt der allgemeine Leistungssatz in Höhe von 60 Prozent.

Kurzarbeitergeld: Erhöhung 2020/2021

Um vor allem die Einkommensverluste von Geringverdienern auszugleichen, wurde bereits im Mai 2020 die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes erfolgt gestaffelt. Von der Erhöhung profitieren sollen Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit aufgrund von Kurzarbeit um mindestens 50 Prozent reduziert wird. Ab dem vierten Monat der Kurzarbeit erhalten diese Personen 70 Prozent beziehungsweise 77 Prozent (mit Kind) Kurzarbeitergeld. Ab dem siebten Monat des Bezugs erfolgt eine Erhöhung auf 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent (mit Kind). Diese Regeln wurden mit dem Beschäftigungssicherungsgesetz über den 31. Dezember 2020 hinaus bis zum 31. Dezember 2021 für alle verlängert, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist. Eine weitere Verlängerung ist hier nicht vorgesehen.

Hinzuverdienst während Kurzarbeit

Entgelt, welches aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen, geringfügig entlohnten Beschäftigung erzielt wird, bleibt anrechnungsfrei beim Kurzarbeitergeld. Diese bestehende befristete Hinzuverdienstregelung gilt bis zum 31. Dezember 2021.

Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld verlängert

Die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld wurde mit der zweiten Kurzarbeitergeldbezugsdauerverordnung von regulär zwölf auf bis zu 24 Monate erweitert. Die verlängerte Bezugsdauer gilt für Betriebe, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Längstens soll das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden.

Kein Kurzarbeitergeld für Minijobs

Die vereinfachten Bedingungen für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld gelten nur für die Fälle, für die auch ein Grundanspruch auf Kurzarbeitergeld gegeben ist. Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld nur für die Arbeitnehmer beantragen, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, für sie kann daher nach wie vor kein Kurzarbeitergeld beantragt werden.

Aufstockung des Kurzarbeitergeldes per Tarifvertrag

Einige Tarifverträge, wie in der Metall- und Elektroindustrie, sehen vor, dass das Kurzarbeitergeld aufgestockt wird auf fast 100 Prozent des Nettolohns. Insgesamt war zu Beginn der Corona-Krise nur für eine Minderheit der Tarifbeschäftigten eine tarifvertraglich vereinbarte Aufstockung zusätzlich zum Kurzarbeitergeld vorgesehen. Mittlerweile sind in etlichen Branchen tarifliche Regelungen abgeschlossen worden, die eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vorsehen, so beispielsweise in der Systemgastronomie, bei den textilen Dienstleistern, dem Gastgewerbe, bei den deutschen Seehäfen, der Deutschen Bahn, in der chemischen Industrie, in der Papierindustrie und der Kunststoffindustrie sowie in der Glasindustrie.

Kurzarbeitergeld: steuerliche Besonderheiten

Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, unterliegt aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt und kann deswegen zu einer Steuernachzahlung führen. (Mehr dazu lesen Sie im Beitrag „Coronavirus: Steuerliche Behandlung von Lohnersatzleistungen„). Arbeitnehmer, die mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld im Jahr erhalten haben, sind zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.

Tipp: Weisen Sie Mitarbeiter, die in Kurzarbeit waren, rechtzeitig darauf hin, dass sie unter Umständen bis 31. Juli eine Steuererklärung erstellen müssen.  Hier finden Sie Informationen zum Kurzarbeitergeld in der Steuererklärung.